Yoga der Ernährung

Bei den Gruppentreffen und in den Kongresszentren werden die gemeinsamen Mahlzeiten schweigend und bewusst eingenommen. Für Omraam Mikhaël Aïvanhov ist das Essen eine der bedeutendsten Yoga-Arten. Er selbst sagt dazu:

Zahlreiche durch die Hektik des heutigen Lebens verworrene Menschen suchen nach Wegen, um ihr Gleichgewicht wieder zu finden! Sie praktizieren Yoga, Zen, Transzendentale Meditation oder lernen, sich zu entspannen. Schön und gut, aber meines Erachtens gibt es eine viel einfachere und wirksamere Übung: essen lernen. Ihr seid erstaunt? Warum denn? Statt die Mahlzeiten in nervöser Hast oder mitten in Streitgesprächen einzunehmen – um anschließend Yogaübungen durchzuführen – wäre es da nicht besser wahrzunehmen, dass ihr zwei- oder dreimal am Tag die Möglichkeit habt, eine Übung durchzuführen, die alle Zellen entspannen, konzentrieren und harmonisieren kann?

Sobald ihr euch an den Tisch setzt, verjagt alle Gedanken, die euch daran hindern könnten, in Frieden und Harmonie zu essen. Falls euch das nicht sofort gelingt, wartet solange mit dem Essen, bis ihr zur Ruhe kommt. Wenn ihr beim Essen unruhig, zornig oder unzufrieden seid, führt ihr Fieberhaftigkeit und chaotische Vibrationen in euch ein, die sich dann auf alle eure Tätigkeiten übertragen. Auch wenn ihr vorgebt, ruhig und selbstbeherrscht zu sein, geht von euch etwas Aufgeregtes und Gespanntes aus, und ihr begeht Fehler: ihr verletzt Menschen oder stoßt Dinge an und werdet beleidigend, worauf Freunde euch verlassen und Türen sich verschließen… Esst ihr dagegen in Harmonie, dann könnt ihr auftretende Probleme besser lösen. Selbst wenn ihr den ganzen Tag auf Trab sein müsst, fühlt ihr in euch einen Frieden, der durch eure Aktivität nicht zerstört werden kann. Ihr könnt sehr weit kommen, wenn ihr mit ganz kleinen Dingen anfängt.

Glaubt nicht, dass eure Müdigkeit immer daher kommt, dass ihr zu viel gearbeitet habt. Nein, sie liegt oft in einer Kräftevergeudung begründet. Gerade wenn man die Nahrung verschlingt, ohne sie gut gekaut und ohne sie mit seinen Gedanken und Gefühlen erfüllt zu haben, ist sie schwer verdaulich, und der Organismus, der dann die Nahrung schwer verarbeitet, kann nicht in vollem Umfang Nutzen daraus ziehen.

Wenn ihr esst, ohne euch der Wichtigkeit der Ernährung bewusst zu sein, entnimmt euer Organismus, selbst wenn er dadurch gestärkt wird, der Nahrung nur die gröbsten und materiellsten Teilchen. Das ist jedoch nichts im Vergleich zu den Energien, die ihr aufnehmen könntet, wenn ihr wirklich in Stille esst und euch dabei auf die Nahrung konzentriert, um die ätherischen und feinstofflichen Elemente aufzunehmen. Konzentriert euch also während des Essens auf die Nahrung und bestrahlt sie mit Liebe! Dann trennen sich Materie und Energie: die Materie löst sich auf, während die Energie in euch eindringt; ihr könnt dann über sie verfügen.

Nicht die Nahrungsmittel sind bei der Ernährung das Wichtigste, sondern die darin versteckte Energie – die Quintessenz – denn in ihr sitzt das Leben. Die Materie des Nahrungsmittels dient nur als Träger. Gerade diese so subtile, so reine Energie darf nicht nur dazu dienen, die niedrigen Körper zu ernähren (den physischen, Astral- und Mentalkörper), sondern sie soll auch Seele und Geist speisen.

Wenn ein Eingeweihter isst, so bemüht er sich, der Nahrung bewusst die Elemente zu entziehen, die als Materialien in das Gebäude seines physischen Körpers eintreten. Da aber der Mensch nun nicht nur aus einem physischen Körper aufgebaut ist, da er auch noch andere Körper besitzt, so stellt sich uns die Frage, wie man diese feinen Körper ernährt, die oft auf Grund unserer Unwissenheit unterernährt sind. Wirklich, wenn die Menschen auch ungefähr wissen, welche Nahrung sie ihrem physischen Körper geben müssen, so wissen sie nicht, wie man die anderen Körper ernährt: den Ätherleib (oder Lebensleib), den Astralleib (Sitz der Emotionen) und den Mentalleib (Sitz der Gedanken).

Der Ätherleib

Ich habe euch gesagt, dass man die Nahrungsmittel gut kauen sollte. Für den Ätherleib muss die Atmung hinzukommen. Also solltet ihr beim Essen von Zeit zu Zeit anhalten und tief atmen, um dem Ätherkörper die Möglichkeit zu geben, der Nahrung feinere Teilchen zu entziehen. Nur die tiefe Atmung ermöglicht diesen Vorgang. Doch wenn man gerade spricht oder diskutiert, während man die Nahrung schnell und automatisch hinunterschlingt, so ist der Atmungsrhythmus gestört, die physiochemischen Reaktionen verlaufen nicht normal und es ergeben sich daraus Schwerfälligkeiten und Unbehagen, was beweist, dass man nicht gegessen hat, wie man eigentlich sollte. Um seinen Ätherleib zu ernähren, muss man also auch in Stille essen.

Der Astralleib

Weil sich der Astralleib nun von Gefühlen und Emotionen ernährt, die noch feiner und höher sind als die ätherischen Teilchen, so kann man ihn ernähren, indem man Gefühle der Liebe gegenüber der Nahrung hat, indem man denkt, dass sie ein Reichtum, ein Segen sei und dass sie in den Werkstätten Gottes zubereitet wurde. Indem er sich einige Augenblicke mit Liebe mit den Nahrungsmitteln beschäftigt, bereitet der Eingeweihte seinen Astralleib darauf vor, noch feinere als die ätherischen Teilchen daraus zu entziehen. Wenn der Astralleib diese Elemente aufgenommen hat, so hat er alle Möglichkeiten, Gefühle von einer äußerst hohen Qualität hervorzurufen: die Liebe zur ganzen Welt, das Empfinden, glücklich zu sein, in Harmonie mit der Natur zu leben.

Wenn euer Astralleib seine Nahrung empfangen hat, so empfindet ihr ein unbeschreibliches Wohlgefühl, ihr fühlt euch freigebig, bereit, alles zu geben, und wenn es darum geht, wichtige Fragen zu regeln, so zeigt ihr euch weit, geduldig und wohlwollend, ihr versteht es, Zugeständnisse zu machen. Wenn der Astralleib hingegen nicht ernährt wurde, wenn ihr gegessen und dabei genörgelt, andere kritisiert und euch geärgert habt, so äußert ihr euch später mit Bitterkeit, Nervosität und Parteilichkeit, und wenn ihr ein schwieriges Problem zu lösen habt, so neigt sich die Waage immer zur negativen und ungerechten Seite hin. Danach rechtfertigt ihr euch, indem ihr sagt: ‚Was wollt ihr? Ich kann nichts dafür, ich bin nervös.‘ Um euch zu beruhigen, werdet ihr Medikamente in den Apotheken kaufen, doch werdet ihr euch weiterhin nervös fühlen, solange euch niemand gelehrt hat, wie man essen soll und solange ihr nicht wisst, dass die Art wie man isst, das beste Mittel ist, die vollkommenste Umwandlung seiner selbst zu erreichen.

Der Mentalleib

Um seinen Mentalleib zu ernähren, konzentriert sich der Eingeweihte auf die Nahrung und macht sogar die Augen zu, um sich besser konzentrieren zu können. Die Nahrung stellt für ihn eine Äußerung der Gottheit dar, und so stärkt er sich, indem er an diese Nahrung von allen Gesichtspunkten aus denkt. Er fragt sich woher sie kommt, was sie enthält, welche Qualitäten ihr entsprechen, welche Wesenheiten sich mit ihr beschäftigt haben. Denn der Eingeweihte weiß, dass sich Wesen mit jedem Gewächs, mit jeder Pflanze, mit jeder Frucht beschäftigen, dass sie in einer bestimmten Epoche wachsen und reifen und dass dies von Planeteneinflüssen bestimmt wird. Sein Geist wird also von all diesen Überlegungen völlig in Anspruch genommen, und er meditiert tief. So ernährt sich sein Mentalleib und entzieht der Nahrung höhere Elemente, als die Elemente der Astralebene. Daraus entsteht für ihn eine Klarheit, eine tiefe Durchdringung des Lebens und der Welt. Nach einer Mahlzeit, die unter diesen Bedingungen eingenommen wurde, erhebt er sich vom Tisch mit einem so leuchtenden Verständnis, dass er fähig ist, erstaunliche intellektuelle Arbeiten auszuführen.

Der Kausal- Buddhi- und Atmanleib

Ich habe euch schon mehrere Male gesagt, dass der Mensch jenseits des Äther-, Astral- und Mentalleibes noch andere feinere Körper besitzt: den Kausalleib, den Buddhileib und den Atmanleib und dass auch diese Körper ernährt werden müssen. Wie? Nachdem sie geatmet haben, nachdem sie die Nahrung mit Liebe gegessen haben, nachdem sie darüber meditiert haben, lassen sich die Eingeweihten von einem Dankbarkeitsgefühl für den Schöpfer durchdringen; durch diese Nahrung erreichen sie sogar eine wirkliche Kommunion mit Ihm. So speisen sie ihre drei höheren Körper und haben Verzückungen und Ekstasen.

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