Aufmerksamkeit und Wachsamkeit

Die Aufmerksamkeit hat mehrere Aspekte. Der bekannteste davon ist natürlich die gesteigerte Aufmerksamkeit, die nötig ist, um eine Arbeit korrekt auszuführen, einen Vortrag anzuhören oder ein Buch zu lesen. Es gibt aber auch eine andere Aufmerksamkeit, die man Selbstbeobachtung oder Introspektion nennt. Sie besteht darin, sich alle Augenblicke bewusst zu sein, was in uns vorgeht, um die Regungen, Wünsche und Gedanken in uns erkennen. Diese Art der Aufmerksamkeit ist noch nicht genügend entwickelt. Und gilt es ein wichtiges Problem zu erkennen und zu lösen, dann ist das Gehirn müde, stumpf, und es wird falsch gehandelt. Damit euer Gehirn immer hell und aufgeschlossen bleibt, müsst ihr aufmerksam, sorgfältig und maßvoll handeln, denn sonst versteht ihr nichts, nicht einmal die Wahrheit, selbst wenn sie sich persönlich zeigte. Um alle auf euch zukommende Situationen bedächtig und intelligent regeln zu können, müsst ihr einen klaren Kopf behalten. Wer nicht wachsam ist, wer die Augen verschließt, ist allen Gefahren ausgesetzt. Es gibt nichts Schlimmeres, als mit geschlossenen Augen durchs Leben zu wandeln. Man sollte die Augen offen halten, um sich immer im Klaren zu sein über den augenblicklichen Bewusstseinszustand. Nur wer die Augen offen hält, besitzt die Intelligenz, die aus dem Inneren kommt. Er lässt sich nicht mehr von irgendeiner Kraft oder Wesenheit einfangen. Es ist nur zu klar, dass ein schlafender Mensch von jedem überrascht werden kann. Ihr solltet also dafür sorgen, dass die innere Aufmerksamkeit nie nachlässt, damit ihr euch immer dessen bewusst seid, was in euch vorgeht.

Übt euch darin. Es genügt nicht, am Abend euer Gewissen zu überprüfen, ihr solltet am Tage ständig sagen können, was für Wünsche, Gedanken und Gefühle euch durchziehen, ihr solltet ihren Ursprung und ihre Wesensart erkennen und nötigenfalls fähig sein, Vorsichtsmaßnahmen zu treffen oder sogar Schäden wieder gut zu machen.

Sobald im täglichen Leben ein Unfall passiert, sieht man, wie Feuerwehr oder Militär ausrückt, um sofort einen Brand zu löschen, Brücken zu reparieren, Straßen frei zu räumen und Verletzte zu retten. Auf der physischen Ebene findet man es ganz normal, dass Schäden sofort repariert werden. Aber im psychischen Bereich weiß man nicht, was man tun soll; man sieht nur zu, wie alles zerstört wird. So geht es nicht! Man sollte zehn- oder zwanzigmal am Tag in sich hineinschauen, um herauszufinden, was zu verbessern ist und was nicht verschoben werden darf, weil es dann zu spät ist, und man steht da, zerschlagen und vernichtet.

Aus dem Buch »Goldene Regeln für den Alltag« von Omraam Mikhaël Aïvanhov, Kapitel 18.
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